Unglaublich – so schnell vergeht ein Jahr

Wir können es noch gar nicht so richtig glauben. Am 9. Oktober 2021 haben wir unsere LUWINA in der Rodney Bay Marina auf St. Lucia übernommen. Und das ist jetzt schon ein Jahr her. In dieser Zeit ist viel passiert. Man kann es in unserem Blog ja nachlesen ;-). Wir sehen es beide als gutes Zeichen, wenn die Zeit so schnell vergeht. Natürlich haben wir uns vorher viele Gedanken gemacht, wie es so wird, was wir erleben und wie wir mit dem Bootsleben klar kommen. Wir segeln ja schon seit über dreißig Jahren. Aber wir haben schnell gemerkt, dass es doch ein großer Unterschied ist, ob man auf ein vorbereitetes Boot kommt und dann vielleicht zwei Wochen segelt und das Boot danach wieder abgibt. Jetzt sind wir für alles verantwortlich und müssen schauen, dass das Boot in einem guten Zustand ist (und bleibt). Es muss gereinigt werden, geschaut werden dass die Batterien sowie die Diesel- und Wassertanks gut gefüllt sind. Dafür genießen wir es, wenn die Chartersegler in einer Bucht ankommen und am nächsten Morgen wieder weitersegeln, während wir beim Frühstück überlegen, was wir heute noch so unternehmen möchten. Ganz schön arrogant von uns, oder? Aber ich glaube, dass die Chartersegler auch froh sind, wenn sie nach zwei Wochen wieder nach Hause kommen. Es hängt halt immer davon ab, in welcher Situation oder Lebensphase man sich gerade befindet.

Wir haben das letzte Jahr mit den vielen neuen Erfahrungen jedenfalls sehr genossen. Wir fanden es sehr spannend, an jedem Ankerplatz neue Segler kennenzulernen. Die Hilfsbereitschaft untereinander ist auf jeden Fall sehr beeindruckend. Manchmal sind da auch YouTube oder Instagram-Größen mit mehreren Hundert Followern dabei. Wir haben vor allem gemerkt, dass wir vor der Segelreise quasi keine neuen Freunde mehr kennengelernt haben. Es gab ja vor allem in der Coronazeit kaum Gelegenheiten, andere Leute zu treffen.

Und wir haben festgestellt, dass wir uns für das richtige Schiff für diese Reise entschieden haben. Es bietet genügend Platz für uns Beide. Da unser Boot relativ neu ist, wurde es auch sehr ergonomisch gestaltet. Cockpit (unsere Terasse), der Salon (Wohnzimmer) und Küche liegen auf einer Ebene. Ins Schlafzimmer und Bad geht man drei Stufen nach unten und alles liegt mit den Schränken und Sidebords ebenfalls auf einem Niveau. Das mag selbstverständlich klingen. Wir haben aber viele Boote kennengelernt, bei denen das nicht so ist. Falls es doch mal regnet und stürmt, freuen wir uns über den trockenen Rundumblick aus dem Salon.

Viel wichtiger ist aber, dass unser Boot sehr zuverlässig und stabil ist. Die beiden Motoren sind bisher immer angesprungen. Wir können mit Hilfe der beiden Motoren in die engsten Lücken in der Marina hineinfahren. In der Karibik weht generell ein starker Wind (durchschnittlich vier bis fünf Windstärken). Da fühlt es sich gut an, wenn das Boot dann auch noch stärkere Böen gut meistert. Das ist vor allem bei Nachtfahrten gut, wenn man Böen vorher nicht erkennen kann. Tagsüber sieht man diese durch Schaumkronen oder dunkle Verfärbungen auf dem Wasser. Wir segeln auch immer eher konservativ. Vor allem nachts sind wir oft mit zu wenig als zu viel Segelfläche unterwegs. Auch die neue Ausrüstung hat sich sehr bewährt. Durch das AIS-System können wir andere Schiffe früh erkennen (und sie uns). Das Radar hilft andere Schiffe zu erkennen, die kein AIS-System an Bord haben. Außerdem kann man damit nachts große Regenwolken identifizieren, die eventuell viel Wind und Regen mit sich bringen. Die Solarpanels sorgen in Verbindung mit den neuen Lithiumbatterien für genügend Strom an Bord. Das ist ein System, von dem viele Menschen in Deutschland wegen der hohen Strompreise träumen. Wir haben ja keine andere Wahl. Den Strom auf dem Schiff müssen wir selber erzeugen. Nur in einer Marina kann man Landstrom bekommen. Falls die Sonne mal zwei Tage nicht scheint, können wir noch einen Generator starten, der 230 Volt erzeugt. Aber selbst an grauen Tagen werden noch 3 kWh Energie erzeugt, an sonnigen Tagen bis zu 5,5 kWh. Das entspricht schon fast unserem Tagesverbrauch in Deutschlang: 6,5 kWh. Für das benötigte Trinkwasser sieht es ähnlich aus. Wir haben unser eigenes Wasserwerk auf dem Schiff. Mit Hilfe des Solarstroms wird aus dem Meerwasser sauberes Trinkwasser erzeugt. Wir nutzen es zum Trinken, Waschen, Abspülen und Duschen. Diese ganze neue Technik ist bisher auch sehr stabil. Wir hatten bisher nur einen verstopften Abwasserschlauch und einen gerissenen Keilriemen am Generator.

Wir haben immer gesagt, dass Freunde, die uns besuchen, Folgendes mitbringen sollen: Ein paar Tatort-Folgen auf USB-Stick und Brotbackmischungen. Den Tatort schauen wir regelmäßig mit Hilfe unseres mobilen Routers und einem Internetvertrag über 40 GB pro Monat. Und Brot sowie Rührkuchen können wir mittlerweile auch selber im Brotbackautomaten backen. Bisher sind das vor allem Marmorkuchen und Weizenbrote mit Hefe. Wir werden aber auch bald Brote mit Trocken-Sauerteigpulver aus Deutschland backen. Aber uns fallen bestimmt noch viele andere Dinge ein, die unsere Freunde mitbringen können.

Unser Fazit nach einem Jahr fällt also sehr positiv aus. Es fehlt nur der persönliche Kontakt mit unserer Familie und den Freunden. Das kann man glücklicherweise mit einem Skype-Call ausgleichen. Und sogar unsere jüngste Enkelin (7 Monate) schaut mit ihren blauen Kulleraugen schon fasziniert in die Kamera. Mit den beiden älteren Enkeln kann man schon richtig kommunizieren (wenn die Mutter den Call eröffnet). Ist es nicht klasse, was die heutige Technik so alles ermöglicht? Das gilt auch für die Segel- und Wetter-Apps. Dazu werden wir weiter unten noch berichten.

Wir werden regelmäßig nach unseren Segelplänen gefragt. Sowohl von unseren Freunden zu Hause als auch von unseren neuen Segelfreunden. Irgendwann haben wir entschieden, dass wir uns nicht in zu starre Pläne zwängen möchten. Sondern wir wollten lieber an schönen Orten so lange bleiben, wie es uns gefällt. Natürlich gibt es schon ein paar feste Planungspunkte. So möchten wir über die Weihnachtszeit gerne unsere Familie sehen. Das hat in 2021 geklappt und dieses Jahr haben wir auch schon die Flüge gebucht. Im Frühjahr 2023 möchten wir die ABC-Inseln, Kolumbien, Kuba, Dominikanische Republik, Bahamas und die British Virgin Islands besuchen. Dieses Jahr haben wir uns die Inseln der kleinen Antillen von St. Martin bis Grenada angeschaut.

Bis Ende November ist in der Karibik noch offiziell die Hurrikanzeit. In dieser Zeit ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich ein Wirbelsturm bildet. Dieses Risiko ist im Süden der kleinen Antillen geringer als im Rest der Karibik. Und in den Monaten Juni, Juli und November ist die Wahrscheinlichkeit für einen Hurrikan auch klein. Diese Hurrikanes werden zum Glück mindestens fünf Tage vorher mit wahrscheinlicher Zugbahn angekündigt. Da die Wirbelstürme zwar eine hohe Windgeschwindigkeit aufweisen aber sich relativ langsam bewegen, bleibt noch Zeit sich einen anderen sicheren Platz zu suchen. Der Hurrikan Fiona ist dieses Jahr zum Beispiel knapp an St. Martin vorbeigezogen. Dort waren wir noch im April. Zum Hurrikan Ian, der Teile von Florida und Kuba verwüstet hat, kommen wir später.

Eigentlich wollten wir in der Hurrikan-Saison viel Zeit auf Grenada im Süden der kleinen Antillen verbringen. Mehrere Segler haben uns von dieser Insel vorgeschwärmt: Man kann viel unternehmen; es gibt viele nette Segler; es gibt Busse, die Segler zu verschiedenen Geschäften fahren; jeden Samstag wird ein Hash (Schnitzeljagd) durchgeführt. Und jetzt sind wir zwar in Grenada aber schon wieder auf der Insel Carriacou. Damit Ihr uns folgen könnt. Das Land Grenada besteht aus den Inseln Petit Martinique, Carriacou und Grenada (plus noch ein paar weitere kleine unbewohnte Inseln). Da wir aber auf Carriacou gleich viele nette Leute kennengelernt haben, sind wir hier hängengeblieben: AUF Carriacou. Es gibt natürlich auf Grenada auch viele nette Segler und Locals. Aber lest selber was uns hier festhält.

Jeden Montag, Mittwoch und Freitag bietet Andrea aus Bayern einen Aquagymnastikkurs an. Diesen Kurs haben wir mittlerweile sehr ins Herz geschlossen. Dazu haben wir uns auch eigene Schwimmnudeln zugelegt. Birgit, die auch diesen Kurs belegt, hat uns zu einer Geburtstagsfeier eingeladen. Marc, das Geburtstagskind, lebt schon drei Jahre auf seinem Zweimaster in der Tyrell Bay und ist 64 Jahre alt geworden. Birgit hat eine Feier für ihn organisiert. Es gab viele Salate, gegrillte Hähnchenkeule und zum Nachtisch den Geburtstagskuchen (schafft Marc ja nicht alleine). Ein DJ war da und es wurde auch getanzt. Es war ein gelungener Abend. Marc hat es wohl auch gefallen, bei einigen Liedern hat er sich das Mikrofon geschnappt und mitgesungen.

Wir haben auch mittlerweile den Fischmarkt im Nachbarort Hillsborough entdeckt. Der Laden sieht sehr ordenlich aus und die Verkäufer waren sehr freundlich. Sie haben uns den Red Snapper (Rotbarsch) filetiert und mit Eis verpackt. Wir mussten ja noch mit dem Bus zurück in die Tyrell Bay fahren.

Nachdem der Hurrikan Fiona die nördlichen Inseln der kleinen Antillen gestreift hat, wurde vor ein paar Tagen eine tropische Welle für die südlichen Inseln (Carriacou/Grenada) angekündigt. Aus so einer Welle kann sich schnell ein Sturm oder Hurrikan entwickeln. Die ersten Windvorhersagen unserer Wetter-App gaben 39 Knoten Wind an. Einige Boote wurden schon in die Mangroven direkt neben der Tyrell Bay verlegt. Dort werden sie dann mit mehren Seilen festgebunden und noch mit ein oder besser zwei Ankern gesichert. Wir haben uns nach Diskussion mit einigen Seglern entschieden, erstmal abzuwarten und eventuell erst am letzten Tag vor dem Starkwind in die Mangroven zu fahren. Da es sich um ein Naturschutzgebiet handelt, darf man das eigentlich erst, wenn der Sturm einen Namen bekommt. Nachdem es schon einen Gaston gibt, wäre dann Hermine an der Reihe.
Also haben wir am Dienstag weitere 10 Meter Ankerkette ins Wasser gelassen und sind dann mit beiden Motoren volle Pulle rückwärts gefahren (das simuliert die Kräfte bei starkem Wind). Der Anker hat gehalten, was wir mit Tauchermaske im Wasser überprüft haben. Man konnte schön sehen, dass der Anker einen halben Meter gerutscht ist und sich dabei noch tiefer in den Boden gegraben hat.
Als wir dann am Mittwochmorgen bei der Aquagymnastik waren, zog eine dunkle Wolke auf. Sie hat einen Regenschauer und viel Wind mitgebracht (36 Knoten). Das war doch schon mal eine gute Generalprobe. Die Windvorhersagen für unsere Bucht gingen weiter nach unten und so sind wir vor Anker geblieben. Der Nachmittag war dann relativ sonnig mit ein paar heftigen Schauern. Der Wind kam aus der angekündigten Richtung und so haben wir dem Wetterbericht vertraut. Die Nacht war dann ruhig. Der Wind ging nicht über 20 Knoten hinaus. Es gab ein paar Regenschauer aber kein Gewitter. Unsere LUWINA ist weiterhin dicht und der Rahmen der Solaranlage hat dieses Mal auch gehalten.
Am Donnerstagmorgen war das Zentrum der tropischen Welle über uns hinweggezogen. Sie ist weiter in Richtung der ABC-Inseln gezogen und wir hoffen, dass unsere Freunde dort es genau so gut überstehen wie wir. Später hat sich aus dieser tropischen Welle der Hurrikan Ian entwickelt, der leider Teile von Kuba und Florida verwüstet hat. Durch das warme Wasser in der Karibik lädt sich so ein Wirbelsturm noch mit weiterer Energie auf.

Nach zwei dunkelgrauen Tagen haben wir den Generator gebraucht, um unsere Wäsche zu waschen. Nach einer halben Stunde ging der Generator einfach aus. Zum Glück war die Batterie schon genug geladen, sodass die Waschmaschine bis zum Ende durchlief. Das Handbuch hat mögliche Fehler für eine Abschaltung aufgelistet. Es lag an einem gerissenen Keilriemen, der die Wasserpumpe für den zweiten Kühlkreislauf antreibt. Wegen einer Abdeckung des Riemens konnte man das nicht sofort sehen. Ein lokaler Autozubehörladen hatte zum Glück einen passenden Ersatz. Später haben wir dann noch zwei originale Ersatz-Keilriemen an Bord gefunden. Wahrscheinlich reißt dieser Kielriemen öfter. Wir werden das mal im Auge behalten.
Gut gefallen hat uns auch eine lokale Schreinerwerkstatt, der uns ein Brett und ein paar Leisten zugeschnitten hat.

Am gestrigen Mittwoch ist dann die zweite tropische Welle über die Tyrell Bay auf Carriacou gezogen. Sie war auch wieder angekündigt, allerdings mit moderaten Winden. Als wir dann das Satellitenbild der großen grauen Wolke über Trinidad und Tobago gesehen haben, war uns klar, dass es dieses Mal etwas schlimmer kommen würde. Wir sind durch eine Wetter-App über Windstärken, Böen, Regen, Gewitter informiert. Durch verschiedene Animationen mit Farben und Pfeilen kann man sich ein gutes Bild von der Lage machen. Die Isobaren (Linien mit gleichem Luftdruck) und das Satellitenbild der Wolken ergänzen das Gesamtbild. Für uns Segler ist der Wetterbericht extrem wichtig. Das National Hurricane Center in den USA informiert meistens schon fünf Tage vorher über tropische Wellen, tropische Tiefs und Wirbelstürme. Sie schicken manchmal auch Flugzeuge in die Unwettergebiete, um sich einen besseren Eindruck zu machen. Und die Ergebnisse kann man ebenfalls über eine App anschauen.

Unser Anker war jedenfalls noch sicher im Meeresboden eingefahren, das hat uns etwas beruhigt. Das kontrollieren wir auch gerne beim täglichen Schwimmen. Morgens um acht beim Frühstück zog die dunkelgraue Wolke dann schon heran. Bald folgten die ersten Böen und wir haben entschieden, dass wir unsere LUWINA nicht allein lassen, um zur Aquagymnastik zu gehen. Es war dann den ganzen Tag sehr windig. Die stärkste Böe hatte 38 Knoten Windgeschwindigkeit (8 Beaufort). Nachts um zwei war die Starkwindphase dann vorbei. Den ganzen Tag haben Boote andere Plätze im Ankerfeld gesucht, da ihr Anker nicht gehalten hat. Ich habe sicherheitshalber mal kurz überprüft, ob beide Motoren noch anspringen. Im Notfall kann man dann den Motor auf Vorwärtsfahrt stellen, um den Anker zu entlasten. Bei uns hat der Anker sehr gut gehalten. Wir haben ihn ja auch im April erst gekauft, nachdem wir ein paar Ankertests gelesen haben. Da wir sehr viel Zeit vor Anker verbringen, möchten wir sicher sein, dass er gut hält. Wir waren auch zuversichtlich aber trotzdem waren wir schon etwas angespannt. Es ist auf alle Fälle viel entspannter, wenn das Boot sich nur leicht im Wind hin- und herbewegt. Teilweise liefen auch größere Wellen in die Bucht. Sie waren nur einen halben Meter hoch, aber haben viele Boote zum Schaukeln gebracht. Ein Katamaran liegt durch seine beiden Rümpfe etwas stabiler auf dem Wasser. Mittlerweile hat sich die tropische Welle nördlich von Kolumbien zum Hurrikan Julia verstärkt.

Damit wir den Blog positiv beenden. Morgen möchten wir an unserem ersten Hash hier auf Carriacou teilnehmen. Ein Hash ist eine Schnitzeljagd mit mehreren hundert Personen. Es gibt eine Strecke für Wanderer und für Läufer. Am Ende trifft man sich bei einem Bier und Barbecue. Dieser Hash findet eigentlich jeden Samstag auf Grenada statt. Dieses Wochenende wird er mal auf einer kleinen Insel im Norden von Grenada angeboten, wie es in der Ankündigung heißt. Und auf dieser kleinen Insel nördlich von Grenada sind wir gerade. Wir werden im nächsten Blog davon berichten.